§ 52 EnFG - begrenzten Netzumlage für privilegierte Letztverbraucher

Für die Abrechnung der Netzumlagen des Jahres 2023 findet erstmalig das neue Netzumlagensystem des zum 01.01.2023 in Kraft getretenen Energiefinanzierungsgesetzes (EnFG) „Gesetze im Internet“ Anwendung.

 

I. Betroffene Netzumlagen und Privilegierungstatbestände nach EnFG

Das EnFG regelt hauptsächlich die Abwicklung der KWKG- und der Offshore-Netzumlage, findet hinsichtlich einzelner Privilegierungstatbestände aber auch auf die § 19 StromNEV-Umlage Anwendung.

Gemäß § 21 Abs. 1 bis Abs. 6 EnFG ist die Pflicht zur Zahlung der KWKG- und der Offshore-Netzumlage im Fall der Netzentnahme

  • zum Zwecke der Zwischenspeicherung in bidirektionalen Stromspeichern,
  • zum Einsatz in bidirektionalen Ladesäulen,
  • zur Erzeugung von Speichergas sowie
  • zum Ausgleich physikalisch bedingter Netzverluste

auf null reduziert. Über den Verweis in § 19 Abs. 2 Satz 16 StromNEV sollen diese Privilegierungen ebenfalls für die § 19 StromNEV-Umlage Anwendung finden.

Für die KWKG- und Offshore-Netzumlage sieht das EnFG unter bestimmten Voraussetzungen darüber hinaus weitere Privilegierungen in folgenden Fällen vor:

  • Elektrisch betriebene Wärmepumpe (§ 22 EnFG),
  • Verstromung von Kuppelgasen (§ 23 EnFG),
  • Erzeugung von grünem Wasserstoff (§ 25 EnFG).

Eine Begrenzung der Umlagen kann darüber hinaus weiterhin in den Fällen der besonderen Ausgleichregelung (BesAR) nach den §§ 29 ff. EnFG für stromkostenintensive Unternehmen, Herstellung von Wasserstoff in stromkostenintensiven Unternehmen, Schienenbahnen, Verkehrsunternehmen mit elektrisch betriebenen Bussen im Linienverkehr und Landstromanlagen beantragt werden.

Speziell für die Begrenzung in der BesAR sieht § 67 Abs. 1 EnFG eine gesonderte Übergangsregel vor. Danach konnten Begrenzungsbescheide nach den Vorgaben des EnFG erstmalig bis zum 30.06.2023 für das Jahr 2024 beantragt werden. Die neuen nach EnFG für BesAR-Unternehmen vorgesehenen Meldepflichten sind daher erstmals im kommenden Jahr für die Abrechnung des Jahres 2024 anzuwenden.

II. Netznutzer als Mitteilungsverpflichteter

Zur Geltendmachung der Privilegierungstatbestände des EnFG treffen nicht mehr den Letztverbraucher, sondern den Netznutzer gegenüber dem Netzbetreiber verschiedene Mitteilungspflichten. Letztverbraucher der sog. privilegierten Letztverbrauchergruppen B und C sind nur noch hinsichtlich der § 19 StromNEV-Umlage in der Pflicht, ihrem zuständigen Netzbetreiber bis 31.03. den im vorangegangenen Kalenderjahr aus dem Netz bezogenen und selbstverbrauchten Strom zu melden. 

Der vom EnFG in die Pflicht genommene Netznutzer ist nach § 2 Nr. 8 EnFG:

„derjenige, der die Netznutzung für die Netzentnahme von elektrischer Energie kontrahiert hat und zur Zahlung der Netzentgelte verpflichtet ist“.

Im Regelfall der All-Inclusive-Belieferung ist demnach der Lieferant Netznutzer i. S. d. EnFG und damit zur Einhaltung der Meldepflichten des § 52 EnFG verpflichtet. Nur in den besonderen Fällen, in denen Letztverbraucher mit dem Netzbetreiber einen eigenen Netznutzungsvertrag geschlossen haben (sog. separate Netznutzung), werden diese selbst als Netznutzer angesehen.

Künftig kann daher eine Abstimmung zwischen Letztverbraucher und Stromlieferant erforderlich sein, damit der Lieferant gegenüber dem Netzbetreiber die gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen abgeben kann. Für den Fall, dass die nach § 52 EnFG erforderlichen Meldungen nicht oder nicht rechtzeitig vorgenommen werden, sieht § 53 EnFG als Sanktion eine Erhöhung der Umlagenpflicht um 20 Prozent bzw. die Belastung mit der vollen Umlagenpflicht vor.

III. Mitteilungsgegenstände und -fristen

§ 52 EnFG sieht für Netznutzer zwei Meldepflichten vor.

Mitteilung der Basisangaben bis zum 28.02. ->Formularvorlage zum Download

Gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 EnFG müssen Netznutzer gegenüber dem zuständigen Netzbetreiber unverzüglich mitteilen, ob und auf welcher Grundlage für eine bestimmte Entnahmestelle einer der o. g. Privilegierungstatbestände vorliegt bzw. etwaige diesbezügliche Änderungen. Diese Mitteilung hat unverzüglich bzw. nach § 53 Abs. 2 EnFG spätestens bis zum 28.02. des folgenden Kalenderjahres zu erfolgen. Andernfalls erhöht sich die Umlagenpflicht für das gesamte Kalenderjahr um 20 Prozentpunkte.

Nach § 52 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 EnFG müssen Netznutzer dem zuständigen Netzbetreiber überdies mitteilen, ob es sich bei dem Letztverbraucher, für den das Vorliegen des Privilegierungstatbestands mitgeteilt wird, um ein Unternehmen in Schwierigkeiten (UiS) handelt oder ob gegen diesen offene Rückforderungsansprüche aufgrund einer Beihilfe-Entscheidung der EU-Kommission bestehen bzw. ob es etwaige diesbezügliche Änderungen gegeben hat. Diese Mitteilung hat gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EnFG unverzüglich zu erfolgen, andernfalls erhöht sich die Umlagenpflicht für das gesamte Kalenderjahr auf 100 Prozent.

Für die Mitteilung der Basisangaben gilt, dass diese nicht erfolgen muss, soweit die Angaben bereits übermittelt worden sind oder die Tatsachen, die mit den Angaben übermittelt werden sollen, dem Netzbetreiber bereits offenkundig bekannt sind (§ 52 Abs. 1 Satz 2 EnFG).

Mitteilung der privilegierten Netzentnahmemenge bis zum 31.03. -> Formularvorlage zum Download

Um die Verringerung der Netzumlagen in Anspruch nehmen zu können, müssen Netznutzer dem verantwortlichen Netzbetreiber nach § 52 Abs. 2 EnFG zudem mitteilen, an welchen Entnahmestellen, für welche Letztverbraucher und aus welchem Grund im vergangenen Jahr verringerte Netzumlagen angefallen sind, sowie die im vergangenen Jahr entnommenen Strommengen. Diese Mitteilung muss spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres erfolgen. Andernfalls erhöht sich die Umlagenpflicht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 EnFG für das gesamte Kalenderjahr auf 100 Prozent.

IV. Mitteilungsempfänger

Unverändert bleibt auch nach der Übertragung der Vorschriften zur besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) in das EnFG die Zuständigkeitsverteilung zwischen Verteilernetzbetreibern und Übertragungsnetzbetreibern. So erfolgt die Abwicklung der Privilegierungen für BesAR-Unternehmen weiterhin unmittelbar zwischen Netznutzer bzw. Letztverbraucher und Übertragungsnetzbetreiber, während der Verteilernetzbetreiber für die Abwicklung der übrigen Privilegierungen zuständig ist.

Einen Sonderfall bilden – wie bereits im KWKG-Regime – Schienenbahnen und inzwischen auch Verkehrsunternehmen mit E-Bussen im Linienverkehr mit begrenzten Verbrauchsstellen in den Netzen mehrerer Netzbetreiber. Diese können durch Erklärung gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern bestimmen, dass die Erhebung der Umlagen an den betroffenen Abnahmestellen durch den Übertragungsnetzbetreiber erfolgt. Die betroffenen Verteilernetzbetreiber müssen unverzüglich informiert werden. Erfolgt die Erklärung bis zum 30.06. eines Jahres, wechselt die Zuständigkeit ab dem darauffolgenden Jahr vom Verteiler- zum Übertragungsnetzbetreiber.

V. Beihilferechtlicher Vorbehalt

Bitte beachten Sie, dass die Privilegierungstatbestände des EnFG – mit Ausnahme der Privilegierung von Verkehrsunternehmen mit elektrisch betriebenen Bussen im Linienverkehr gemäß § 38 EnFG – nach § 68 EnFG unter den Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission gestellt wurden. Die EU-Kommission hat in ihrer am 12.01.2024 veröffentlichten Entscheidung nur die Bestimmungen zur Besonderen Ausgleichsregelung für stromkostenintensive Unternehmen in Abschnitt 4 Unterabschnitt 1 - 3 und § 67 EnFG als mit dem EU-Binnenmarkt vereinbar erklärt und ausdrücklich betont, dass die übrigen aus Sicht der EU-Kommission genehmigungsbedürftigen Normen des EnFG von dieser Entscheidung nicht umfasst sind. Mit der am 01.02.2024 veröffentlichen Entscheidung hat die EU-Kommission zudem die Privilegierung für Schienenbahnen nach § 37 EnFG genehmigt.

Bereits am 24.01.2024 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) entschieden, dass weder die Förderung nach KWKG 2020 noch die in § 27 Abs. 1 KWKG 2020 vorgesehene Begrenzung der KWKG-Umlage für Wasserstoffhersteller eine staatliche Beihilfe i. S. d. Art. 107 AEUV darstellt. Zwar dürfte diese Entscheidung auch auf das Umlagensystem nach dem EnFG übertragbar sein. Da das Urteil aber noch nicht rechtskräftig ist, ist derzeit noch unklar, ob der beihilferechtliche Vorbehalt in § 68 EnFG gänzlich entfällt.

Dies hat zur Folge, dass für im Kalenderjahr 2023 nach EnFG begründete, aber bislang noch nicht von der EU-Kommission genehmigte Privilegierungen grundsätzlich nicht gewährt werden können, auch wenn alle Voraussetzungen für diese erfüllt werden. Zunächst werden bei Einhaltung der Mitteilungspflichten daher nur die Privilegierungen für Schienenbahnen und E-Busse gewährt und alle übrigen Netzentnahmen des Jahres 2023 mit den vollen Umlagen abgerechnet. Nach Klärung der beihilferechtlichen Rechtslage dürften diese Privilegierungen jedoch nachträglich gewährt werden können. Voraussetzung hierfür ist die rechtzeitige Einhaltung aller Mitteilungspflichten, die unabhängig von dem Vorliegen oder Erfordernis einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission bestehen.